Mittwoch, 3. Mai 2017

BW auf Orientierungsschau Berufe in Lübeck - Brief an Bischöfin Kirsten Fehrs



Liebe Frau Bischöfin Fehrs, liebe Kirsten,


wir sind seit einigen Jahren beruflich und menschlich verbunden. Deshalb richte ich ein offenes Wort an Dich.

In der St. Petri Kirche, Lübeck wird am 10. und 11. Mai 2017 - nach einigen Jahren wiederholt - die sog. Orientierungsschau Berufe stattfinden. Sie richtet sich an junge Menschen. Sie dient der Orientierung in unterschiedlichen Berufsfeldern. Du hast in einem Video-Interview von einem „hervorragenden" und „begeisternden" Angebot gesprochen. Du hast die Regionalität dieser Schau unterstrichen. Das ist alles richtig und gut. Richtig und gut ist es, dass unsere Kirche dafür einen exponierten kirchlichen Raum, die St. Petrikirche in Lübeck anbietet.

Teil dieser Berufsschau ist auch die Bundeswehr...
Man muss dein Interview so verstehen, dass auch diese Orientierung zu den hervorragenden und begeisternden Berufsangeboten gehört. Das kann nicht unwidersprochen bleiben. Und es darf nicht akzeptiert werden, dass Kirche eines ihrer Gotteshäuser für diese Werbung zur Verfügung stellt. Unsere Kirche übernimmt damit die mit viel Propagandaaufwand vorgetragene politische Auffassung, der Kriegsdienst allgemein, im Besonderen die Umorientierung der Bundeswehr zu einer Einsatzarmee im Ausland entspreche einer normalen Berufswahl wie Bäcker und Fleischer. Wir stellen uns als Kirche damit erneut in eine unselige Tradition.

Die Bundeswehr war einst konzipiert als Verteidigungsarmee. Das ist sie nicht mehr. Sie ist als Armee im Einsatz - auch ausweislich der eigenen „Weißbücher" - längst Teil eines Welt-umspannenden Systems des machtvollen Anspruchs auf internationale Einflussnahme zur Sicherung von Absatzmärkten und Handelswegen. Auch diese Bundeswehr ist ein aggressives Instrument in den Händen verantwortungsloser Politik.

Sie ist historisch gesehen von Anfang an Teil des militärischen Komplexes des Kalten Krieges, zu dem der Aufwuchs der deutschen Waffenindustrie und der Waffenexporte seit den 50iger-Jahren gehört. Bis heute sind deutsche Waffen Ursache des kriegerischen Elends, das wir dann wortreich beklagen und in den Gottesdiensten vor Gott bringen. Auch die Geheimverhandlungen zwischen Staat und Kirche zur Einführung der Militärseelsorge gehören in diese Tradition.

Ich weiß, dass in unserer Kirche über dies alles seit langem Debatten laufen. Aber kritische synodale Stellungnahmen zu den Waffenexporten bleiben ohne Konsequenzen und können von der Politik umso leichter ignoriert werden. Die Militärseelsorge lässt jede öffentliche Kritik an ihrem Finanzier vermissen. Auch diese Leisetretereien stehen in unseliger Tradition.

Dein Bischofskollege v. Maltzahn hat kürzlich in einer Osterpredigt - redaktionelle Überschrift: Von Ostern her Kraft finden, dem Leben zu dienen - immerhin davon gesprochen, „zurückhaltend gegenüber einer Politik militärischen Eingreifens“ zu bleiben. „Denn die Ursachen von Terror und kriegerischer Gewalt werden nicht auf diesem Wege überwunden.“

Warum unsere Kirche für diesen Irrweg in eigenen Räumen werben lassen will, ist mir unerfindlich und belastend. Dass dieser Skandal offenbar auch dem Hausherren, unserem Kollegen Dr. Schwarze, egal zu sein scheint, vergrößert den Schaden. Der Vorgang konterkariert den mutigen Widerspruch der Lübecker Märtyrer, deren Gedenken wir an diesem Ort wach halten. Der Nagelkreuz-Gedanke mit Coventry an St. Marien steht in der guten Tradition des Verzichts auf Gewalt - auch in den internationalen Beziehungen - dem wir in der Nachfolge Jesu verpflichtet sind.

Ich bin traurig, zu dem allen von dir kein mutiges und wegweisendes Wort zu hören.

Volker (Bethge) M.A. - Pastor i. R. - 23568 Lübeck

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