Sonntag, 5. März 2017

...der Weg zum Frieden: "aufhören, siegen zu wollen" oder "Ich fühle, was Du fühlst"

Der Dalai Lama bei seiner Ankunft am Hamburger Flughafen.


Der Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, ist eines der größten und lebendigsten Rätsel für die weltweit dominierende Sicht auf das Leben.


Demnach herrscht ein Wettkampf um Ressourcen. Es geht um Überleben und Gewinn, um Fitness und Leistung. In einem solchen Szenario ist ein Dalai Lama eigentlich fehl am Platz
nachhören: ndr.info Forum am Sonntag, 5.3.17

- oder zumindest absolut lebensuntüchtig. Vergleicht man seine Erscheinung mit der erfolgreicher Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft, dann wirkt er wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Aber aus einer Welt, in der immer mehr Menschen leben möchten. Vielen gilt dabei der Dalai Lama als ein Hoffnungsträger des Menschlichen. Einen Typus wie ihn wünschen sich viele auch an entscheidenden Stellen in Wirtschaft, Politik und Kultur.

Gedankenspiele

Stellen Sie sich vor: Geschäftsführer und Vorstände bieten jeden Tag einige Minuten der Vertiefung an. Und auch die Parlamente und Regierungen machen mit. Wie wäre die Stimmung im Parlament, wenn es ein paarmal am Tag im Saal ganz still wird und alle Abgeordneten ihrem Körper, ihrem Bewusstsein, ihrem Herzen nachspüren und einem geliebten Menschen einen Gedanken schicken? Die beeindruckende und wegweisende Haltung des Dalai Lama erwächst aus: Mitgefühl. Und die unermüdlich wiederholte Lehre des anerkannten ‚Meisters im Mitgefühl’ lautet: jeder Mensch trägt dieses Potenzial in sich und kann es entfalten. Er muss sich darüber nur klar werden und - es tun.





Nicht Übermacht und Kontrolle, sondern ein Gefühl für den Anderen.

Eine Grundeinsicht ist, dass Empathie oder dass das Nachempfinden der Gefühle von anderen so etwas ist wie in sich selbst das zu empfinden, was der andere empfindet. Das heisst, es ist ein echtes Mitfühlen und nicht nur ein Mitwissen oder ein Wissen um das Gefühl der anderen Person. Claus Lamm leitet die Abteilung für soziale, kognitive und affektive Neurowissenschaft an der Universität Wien: "Das vermuten wir, weil im Gehirn ähnliche Strukturen aktiv sind, wenn ich zum Beispiel Ihre Emotionen wahrnehme, die bei mir auch dann aktiv sind, wenn ich dieselbe Emotion empfinde. Wenn Sie traurig sind, aktivieren Sie in meinem Gehirn und Körper so etwas wie ein Gefühl der Trauer. Als ob ich selbst traurig wäre."

Die Grundlage von Mitgefühl ist Empathie

Und über Empathie, oder auch Einfühlungsvermögen, verfügt jeder Mensch. Leider wurde diese Ressource im Alltag aus egoistischen Motiven heraus oft ignoriert. Dass die Empathie zunehmend beachtet wird, liegt vielleicht daran, dass viele Menschen bislang auf einem Egotrip unterwegs waren, um sich möglichst viele verfügbare Ressourcen zu sichern. Doch scheinen nun äußere und innere Belastungsgrenzen erreicht. Nicht nur die Rohstoffe und Ressourcen der Welt werden weniger. Auch um die inneren Energiequellen der Menschen steht es nicht gut.

Mitfühlend wird der Mensch zum Menschen. Dieses elementare soziale Talent entdecken auch Wissenschaftler und Führungskräfte. Nicht Übermacht und Kontrolle, sondern ein Gefühl für den Anderen, eine Beziehung mit dem Anderen, erfüllen die menschliche Möglichkeit und integrieren ihre Komplexität. Empathie wird damit zum Thema für Hirnforscher und Führungsberater. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.